Schizophrenie ICD-10 V F 20-29

Der Begriff Schizophrenie setzt sich aus dem Griechischen Wort skizo (spalten) und phren (Verstand, Gemüt) zusammen. Im Beginn dieses Jahrhunderts wurde, wie schon Bondy erwähnt, Schizophrenie vom Schweizer Psychiater Eugen Bleuler für eine Gruppe von Krankheiten definiert, bei der die Zerrissenheit des Denkens und Fühlens auffällig ist (Bondy B, 2008).

Wie schon Andrawis  erwähnt, definierte Kraepelin bereits 1898 unter dem Begriff „Dementia praecox“ (vorzeitige Demenz) das Erscheinungsbild dieser Krankheit. Stärker auf das psychogene Querschnittsbild bezogen, formulierte 1911 Bleuler den Begriff „Schizophrenie“ (Bewusstseinsspaltung) für diese endogene Psychose. In modernen Klassifikationssystemen wurde das Konzept der Schizophrenie nach ICD-10 und DSM-IV zwecks internationaler Konsensfindung modifiziert. Einbezogen wurden moderne empirische Untersuchungsergebnisse und die Operationalisierungs Notwendigkeit (Andrawis A, 2018).

Definition

Das Erscheinungsbild dieser Erkrankung ist vielfältig und zeigt sich in Form von Ich-Störung, Wahn, Halluzinationen, formalen Denkstörungen, psychomotorischen Störungen und Affektstörungen. Um von einer krankhaften Störung zu sprechen, müssen diese Kriterien über einen längeren Zeitraum zutreffen.

Zitat aus Sicht eines subjektiv betroffenen Patienten, der beschreibt, wie es sich innerlich anfühlt, wenn man an dieser Störung leidet:

„Zwei Seelen wohnen, ach in meiner Brust, und ’ne inn’re Stimme hab ich auch noch! (Was ihn nicht schlafen lässt, was ihn antreibt zu jeder Stund, ist sein inn’rer Schweinehund!“). (ebd.).

 Epidemiologie

Wen trifft diese Störung? Ist sie bei allen Völkern und Schichten gleichermaßen anzutreffen? Die Antwort auf diese Fragen gibt uns, wie schon Bondy beschreibt, die epidemiologische Forschung, weil sie sich nicht nur mit Zahlen beschäftigt, sondern auch mit der Ursache einer Erkrankung. Es bestehen markante geographische Unterschiede. Beispielsweise lag in Verona/Italien bei 1000 Einwohnern die Ersterkrankungsrate bei 0,08% im Jahr, hingegen in Rochester/USA zehnmal höher (Andrawis A, 2018).

Bei der Durchschnittsbevölkerung beträgt das Risiko, an dieser Erkrankung zu leiden, 1%, bei Frauen und Männern gleich.

Wie schon Möller erwähnt, liegt die Häufigkeit des Ausbruches zwischen der Pubertät und dem 30. Lebensjahr, wobei Männer etwas früher erkranken als Frauen. Der Hebephrenie Subtyp manifestiert sich vor allem in der Pubertät, der paranoid-halluzinatorische Subtyp ab dem 30. Lebensjahr, ab dem 40. Lebensjahr spricht man von Spätschizophrenie. Die Höhe der Suizidrate bei dieser Erkrankung liegt weltweit bei 10%. (ebd.).

 

7.2  Ätiopathogenese der Schizophrenie

Auslösende Faktoren können zerebrale Schäden bzw. auch psychosoziale Faktoren soziokultureller Art und eine genetische Anlage sein. Bei Erkrankung der Angehörigen ersten Grades etwa, liegt, wie schon Möller erklärt, das Erkrankungsrisiko bei einer Größenordnung von 10 %, bei Verwandtschaft zweiten Grades bei etwa 5%. Das Risiko für diese Störung steigt auf 40%, wenn beide Elternteile betroffen sind. Die genetische Disposition liegt bei eineiigen Zwillingen bei 50 % und 15% bei zweieiigen Zwillingen (ebd.).

Wichtig ist zu verstehen, dass das Bewusstsein und die intellektuellen Fähigkeiten nicht beeinträchtigt werden. Wie schon Dilling et. al. betonen, tritt im fortgeschrittenen Stadium eine Persönlichkeitsveränderung mit dem Verlust des Gefühls von Individualität, Entscheidungsfreiheit und Einzigartigkeit ein

Der Betroffene verliert seinen Bezug zur Wirklichkeit und den Mitmenschen, fühlt sich von unbekannten Kräften getrieben. Wie schon Bondy betont, ist es schwierig sich in die Innenwelt eines Betroffenen zu versetzen und diese Erkrankung nachzuvollziehen. Ohne sichtbaren äußeren Anlass tritt diese Erkrankung auf und verändert die Persönlichkeit des Betroffenen. Gesunde Anteile der Persönlichkeit bleiben oftmals neben den kranken Anteilen erhalten (ebd.).

7.3  Schizophrenie aus biochemischer Sicht

Zentralnervöse dopaminerge Strukturen wirken, wie schon Möller beweist, im mesolimbischen System überaktiviert. Man bezeichnet sie als wichtigstes biochemisches Korrelat akuter schizophrener Symptomatik. Pharmakologische Befunde unterstützen diese Hypothese, weil Neuroleptika die dopaminergen Rezeptoren (postsynaptischen Dopamin-D2-Rezeptoren) blockieren und so ihre antipsychotische Wirkung einsetzt (ebd.).

Bis heute ist unklar, ob dopaminerge Überaktivität die Ursache der Störung ist. Man geht davon aus, dass ein Dopaminüberschuss oder eine Hypersensibilität dopaminerger Rezeptoren der Ausgangspunkt ist. Wie schon Möller beschreibt handelt es sich hier um einen Überschuss dopaminerger Aktivität im Verhältnis zu anderen Neurotransmittersystemen.

Das serotonerge und das glutamaterge System spielen, wie schon Möller betont, bei Schizophrenie eine wichtige Rolle. Diese Hypothese wird bis heute diskutiert. Neuroleptika sind die Gegenspieler (Dopamin-D2-Antagonisten), sie lösen akut Symptome aus und verursachen Halluzinationen. Auch Amphetamine sind die Ursache einer erhöhten Dopamin-Transmission. Das glutamaterge und das dopaminerge System sind eng miteinander gekoppelt. Auch das serotonerge System findet vermehrt Beachtung, da alle Neuroleptika neben dem bereits erwähnten Dopamin-D2-Antagonismus auch einen Serotonin-5HT2A-Antagonismus haben. Die psychosozialen Faktoren spielen als Ursache und Auslöser bei Schizophrenie eine wesentliche Rolle. In niederen sozialen Schichten ist diese Erkrankung häufiger anzutreffen. Auch der Stress durch Überstimulation hat negative Auswirkung auf das Entstehen dieser Krankheit (ebd.).

 

7.4 Die psychoanalytische Sicht der Schizophrenie

Wie schon Möller beschreibt, begünstigt eine Ich-Schwäche in der Kindheit aus psychoanalytischer Sicht den Ausbruch der Krankheit, ebenso das Zusammentreffen genetischer Risiken mit ungünstiger Familienatmosphäre. Psychische Störungen entstehen, wie schon Mentzos beschreibt, oftmals aus einem frühen Konflikt und dessen pathologischer Verarbeitung. Dies ist die Entstehung strukturellen Mangels, hier handelt es sich um primäre und sekundäre Störungen des Selbst. Insbesondere die primären führen zur Entstehung weiterer 5 Gruppen von Störungen (narzisstische, schizoide und paranoide Persönlichkeitsstörung, Psychose und Borderline)

7.5 Eine Klinische Stichprobe zur Häufigkeit psychopathologischer Störungen

Die klinische Stichprobe von 81 Patienten, die schon Andrawis (2018), beschreibtzeigte die relative Häufigkeit psychopathologischer Symptome:

Störung der Affektivität (96%):

–  euphorisches Verhalten, läppisches Verhalten ( je 9%)

–  Panik und Angst (21%)

–  Parathymie (31%)

–  depressive Stimmung (26%)

–  Dysphorie / Gereiztheit, aggressive Gespanntheit (23%)

–  Misstrauen (28%)

–  Ich-Störung (46%):

–  Gedankenausbreitung / Fremdbeeinflussung des Denkens (20%)

–  Depersonalisation / Derealisation (31%)

–  andere Fremdbeeinflussungserlebnisse (13%)

–  Autismus (15%)

Formale Denkstörung (68%):

–  Vorbeireden (19%)

–  Gedankenabreißen / Sperrung des Denkens (30%)

–  Zerfahrenes Denken (35%)

Störung des Trieb- und Sozialverhaltens (63%) :

–  gesteigerte Erschöpfbarkeit (10%)

–  Aggressionstendenz (19%)

–  Verwahrlosungstendenz / Pflegebedürftigkeit (13%)

–  Kontaktmangel (45%)

–  Wahn (79%):

–  Liebeswahn (3%

–  Größenwahn/religiöser Wahn (11%)

–  Beeinträchtigungswahn/ Verfolgungswahn (59%)

–  Beziehungswahn (48%)

–  Störungen des Willens und der Psychomotorik (60%)

–  Manierismus (11%)

–  Negativismus / Autismus (je 8%)

–  Katalepsie (4%)

–  Agitiertheit / Apathie / Stereotypen (je 13%)

–  Abulie / Interessenverminderung (28%)

–  Stupor (9%)

Halluzinationen (49%):

–  Kommentierende Stimmen/dialogisierende (36%)

–  Leibhalluzinationen (14%)

–  Optische Halluzinationen (18%)

–  Sonstige akustische Halluzinationen und andersartige Stimmen (15%) (Andrawis A, 2018).

7.6 Symptomatik der Schizophrenie

Schizophrenie hat verschiedene Erscheinungsformen. Nach Bleuler werden die Affektivitätsstörung, die sogenannte formale Denkstörung und Ich-Störung, als typische Grundsymptome definiert. Schneider unterscheidet zwischen Symptomen des ersten und zweiten Ranges. Zum ersten Rang gehören interpretierende Stimmen, Gedankenentzug, Wahnwahrnehmung, Gedankenlautwerden. Zum zweiten Rang zählen Wahneinfälle, andere Sinnestäuschungen, etc.

Wie schon Möller betont, ist bei der Diagnose Schizophrenie wichtig zu bedenken, dass sie nicht zwingend parallel zu Wahn und Halluzination verlaufen muss. Es gibt Arten von Schizophrenie, die diese Symptome nicht bilden. Teilweise finden sich die Symptome auch in anderen psychischen Erkrankungen. Auffällig ist aber, dass 80% der Erkrankten Wahnsymptome entwickeln. Ein Symptom allein definiert Schizophrenie nicht eindeutig als Krankheit.

Um eine eindeutige Diagnose zu erstellen, ist es sinnvoller Symptome gruppenweise zusammenzufassen.

Es folgt, wie schon Möller beschreibt, eine Unterteilung der Symptome, die gemeinsam auftreten und besonders wichtig zur Diagnoseerstellung sind:

1)

  1. a) Gedankenentzug, Gedankeneingebung, Gedankenlautwerden oder Gedankenausbreitung.
  2. b) Kontrollwahn, Beeinflussungswahn, Wahnwahrnehmungen. Gefühl des Gemachten, bezogen auf Körper und Gliederbewegungen oder bestimmte Gedanken, Tätigkeiten oder Empfindungen
  3. c) Dialogische oder kommentierende Stimme oder andere Stimmen, die aus einem Teil des Körpers kommen, die über den Patienten und sein Verhalten sprechen.
  4. d) Völlig unrealistischer, lang andauernder Wahn, wie z.B. eine politische bzw. religiöse Persönlichkeit zu sein oder übernatürliche Kräfte zu besitzen (z.B: man steht in Kontakt mit Außerirdischen oder man hat die Macht das Wetter zu kontrollieren).

2)

  1. a) Halluzinationen, begleitet von undeutlichen anhaltenden ausgebildeten Wahngedanken ohne deutlich affektive Beteiligung oder von flüchtigen Gedanken. Diese Symptome treten täglich über Wochen oder sogar Monate auf.
  2. b) Der Gedankenfluss wird durch Gedankenabrisse beeinträchtigt, Zerfahrenheit oder Neologismen zeigen sich.
  3. c) Wächserne Biegsamkeit oder Haltungsstereotypen, katatone Symptome wie Erregung, Negativismus, Stupor und Autismus (Andrawis A, 2018).
  1. d) Negative Symptome, wie schon Andrawis beschreiben: verflachte oder inadäquate Effekte, auffällige Apathie, Sprachverarmung, sozialer Rückzug, Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit. Wichtig ist, dass diese Symptome nicht durch Neuroleptische Medikamente oder eine Depression verursacht werden.

3.

Ziellosigkeit manifestiert sich in einer im Selbst verlorenen Haltung, Trägheit und sozialen Rückzug. Diese Symptome sind typisch für Schizophrenia simplex (F20.6).

Um eine Diagnose zu erstellen, muss mindestens ein Symptom eindeutig sein, bei nicht eindeutigen Symptomen mindestens zwei bis drei (aus den oben genannten Gruppen I. – III.). Überdies müssen die Symptome mindestens einen Monat und darüber hinaus andauern. Bei kürzerer Dauer sollte man an eine akute schizophreniforme psychotische Störung (F23.2) denken.

Zeigen sich schizophrene und affektive Symptome gleichzeitig und in gleicher Intensität, spricht man von einer schizoaffektiven Störung (F25).

Wenn das Gehirn durch Entzugserscheinungen oder Intoxikation beeinträchtigt ist, soll auf keinen Fall Schizophrenie als Diagnose erstellt werden. Es werden ähnliche Erscheinungsbilder der Schizophrenie bei Epilepsie oder anderen Gehirnerkrankungen unter (F06.2) definiert.

F1.5 ist eine durch Drogen (sowie Koffein) verursachte Gehirnschädigung.

F1.0 eine Störung des Gehirns durch Alkohol.

7.7 Klassifikationen der Schizophrenie (ebd.).

Klassifikation der Schizophrenie ICD-10 F20.0 – F20.9

(Dilling H, Mombour W, Schmidt M H, 2008)

7.7.1 Paranoide Schizophrenie

Paranoide Schizophrenie (ICD-10 F20.0)

Das häufigste Erscheinungsbild, wie schon Bondy bestätigt, zeigt Halluzinationen und Wahn. Die Patienten fühlen sich abgehört und bedroht, ferngesteuert und beeinflusst. In ihren Gedanken zeigen sich Sprunghaftigkeit und Zerfahrenheit. In der akuten Phase stellen sich schwere, nicht nachvollziehbare Gefühlsausbrüche ein, “wie von Dämonen besessen“. Von allen Symptomen ein wenig zu viel: zu aktiv, zu laut. Die Grundsymptome treten in den Hintergrund, während produktive Symptome im Vordergrund stehen (Andrawis A, 2018).

7.7.2  Hebephrene Schizophrenie

Hebephrene Schizophrenie (ICD-10 F20.1)

Wie schon Andrawis (2018), beschreibt, tritt sie insbesondere im Jugendalter auf. Affektive Störungen stehen im Vordergrund, im Sinne von nicht altersgemäßer Verhaltensweisen oder Gleichgültigkeit, verbunden mit Denkstörung, besonders unberechenbar, frech, vorlaut, keine Hemmungen mehr im Sozialverhalten (Andrawis A, 2013).

7.7.3 Katatone Schizophrenie

Katatone Schizophrenie (ICD-10 F20.2)

Diese Form der Schizophrenie ist, wie schon Andrawis beschreibt, (2013).

gekennzeichnet durch Antriebs- und Bewegungsstörung. Die Symptome treten plötzlich in schwerer Form auf: Erregung, starke Unruhe mit Erstarrung (katatoner Stupor) oder Gereiztheit und Aggressivität. Wahn und Halluzination als Grundstörung treten in den Hintergrund. Der Verlauf der Katatonie in zahlreichen Episoden ist relativ kurz. Die Persönlichkeit verändert sich nicht so stark wie bei den anderen Typen.

7.7.4 Undifferenzierte Schizophrenie

Undifferenzierte Schizophrenie (ICD-10 F20.3)

Bei diesem Typ handelt es sich um mehrere Symptome ohne eindeutigen Hinweis auf die Diagnose. Wie schon Dilling et. al. erklären, weisen Patienten entweder zu wenige oder auch zu viele Symptome auf (F20.0, F20.1, F20.2, F20.4, F20.5). Die oben genannten Kriterien müssen zur Erstellung der Diagnose erfüllt sein (ebd.).

7.7.5 Postschizophrene Depression

Postschizophrene Depression ICD-10 F20.4

Wie schon Andrawis erklären (2013), steht diese Störung im Anschluss einer Schizophrenie, typische Symptome sind noch vorhanden, aber in gemäßigter Form. Häufig überwiegt die negative Symptomatik. Es ist nicht so wichtig für die Diagnose dieser depressiven Symptome. Dies steht nur vorübergehend als Folge nicht mehr vorhandener psychotischer Symptome. Das ist in Folge eine Reaktion auf die Erkrankung. Man sollte hier nicht vorschnell eine Depression diagnostizieren (F32.2, F32.3 laut: ICD-10 Kapitel –V.). Es ist nicht leicht festzustellen, welche Symptome auf der Wirkung neuroleptischer Medikamente beruhen, welche zur Depression gehören oder ihren Ausgang in der Affektverflachung, Antriebsminderung der Schizophrenie haben. Ein hohes Suizidrisiko kennzeichnet diese Phase.

Wenn drei Kriterien erfüllt sind, kann eine Diagnose erstellt werden:

  1. Typische schizophrene Symptome sind noch vorhanden
  2. Der Betroffene litt innerhalb der letzten 12 Monate an Schizophrenie-Symptomen
  3. Seit mindestens 2 Wochen stehen depressive, quälende Symptome im Vordergrund (ebd.).

7.7.6 Schizophrener Residuum Typ

Schizophrener Residuum Typ ICD-10 F20.5

Dieser Typ stellt sich im Verlauf schizophrener Psychosen ein. Wie schon Möller beschreibt, ist anfänglich eine Persönlichkeitsänderung durch Leistungsschwäche, affektive Nivellierung, Neigung zu hypochondrischen Beschwerden, Konzentrationsstörungen und depressive Verstimmungen zu bemerken. In schweren Fällen kommt es zu einer massiven Antriebs- und Interesselosigkeit, Vernachlässigung der Körperpflege und autistischem Rückzug von sozialen Kontakten. Der chronische Zustand wird als Negativsymptomatik bezeichnet. Wenn sich chronische bzw. negative Symptome mit Positivsymptomatik mischen, spricht man von „gemischtem Residuum“ (ebd.).

   

7.7.7  Schizophrenia Simplex

Schizophrenia Simplex ICD-10 F20.6

Hier handelt es sich um eine Störung die, wie schon Andrawis beschreibt (2013), fast unmerklich, sehr häufig schon in der Pubertät, beginnt. Der Verlauf ist nicht so dramatisch, Wahn und Halluzinationen sind nicht vorhanden. Patienten mit dieser Störung zeichnen sich durch Antriebslosigkeit aus, haben keine Interessen und Neigungen mehr und leben in sich zurückgezogen. Berufliche und soziale Kontakte sind verkümmert. Verlauf der Krankheit: Die Krankheit schreitet langsam voran, bis sich die Persönlichkeit schließlich auflöst.

7.7.8 Sonstige Schizophrenie

Sonstige Schizophrenie (ICD-10 F20.8)

–  Hierzu zählen nicht näher bekannte Schizophrenie-Formen

–  Schizophrenie in ihrer zonästhetischen Ausprägung

Ausgeschlossen werden drei verschiedene Schizophrenie-Typen:

  1. Zyklische Schizophrenie (ICD-10 F25.2)
  2. Latente Schizophrenie (ICD-10 F20.1)
  3. Akute schizophreniforme Störung (ICD-10 F23.2)

 

7.7.9 Nicht näher bezeichnete Schizophrenie

Nicht näher bezeichnete Schizophrenie ICD-10 F20.9

Hierzu zählen nicht näher bekannte Schizophrenie-Formen.

7.7.10 Schizophrenie mit einer Neigung zu Gewalttaten

In der öffentlichen Meinung gelten, wie schon Bondy beschreibt, schizophrene Personen als gewaltbereit. Dies bezieht sich aber nur auf einzelne Gewalttaten, die von einzelnen Geistesgestörten verübt wurden. Es ist nicht richtig, dass die Mehrheit der Straftaten von psychisch kranken Menschen verübt werden. Eine Studie in Deutschland aus den Jahren 1955 bis 1964 zeigt, dass lediglich 3% der Gewalttäter, bei einer Aufklärungsrate von 90%, psychisch krank waren. Von 10.000 Schizophrenie-Kranken verübten also nur 5 Personen eine Gewalttat. Dies widerspricht allerdings dem Bild der öffentlichen Meinung (ebd.).

7.8  Therapie der Schizophrenie

Die Therapie setzt sich aus drei Bausteinen zusammen: Psychopharmakologie, Psychotherapien und soziotherapeutische Maßnahmen.

Wie schon Andrawis (2013), betont, steht hierbei die Psychopharmakologie im Vordergrund. Dabei sollte man beachten, dass eine Kombination aus Neuroleptika nur als sinnvoll gesehen wird, wenn sie durch Mischung eines nicht sedierenden Neuroleptikums mit einem sedierenden Benzodiazepins einen antipsychotisch starken Effekt hat. Im Stadium akuter psychotischer Episoden ist ein stationärer Aufenthalt unbedingt notwendig. Wichtig ist die Verabreichung einer hohen Dosis Neuroleptika im akuten Stadium. Darauf wird in weiterer Folge auf die Verträglichkeit der Nebenwirkungen beim Patienten geachtet. Wenn das Akutstadium vorbei ist und der Patient sich stabil genug fühlt, folgen Psychotherapien und soziotherapeutische Maßnahmen. Eine Kontrolle ist durch einen Facharzt für Psychiatrie oder ambulant erforderlich.

Wenn sich nach vier bis sechs Wochen kein Behandlungserfolg einstellt, wird das Neuroleptikum Clozapin verabreicht (Andrawis A, 2013).

Ziel der Therapie:

Das Ziel der modernen Psychopharmaka Therapien ist, wie schon der Autor beschreibet  hat, die Stabilisierung der Gefühlslage; das Denken wird klarer und geordnet. Patienten fühlen sich entlastet und können wieder leichte Tätigkeiten meistern. Die sozialtherapeutischen Maßnahmen empfehlen geordnete Wohnverhältnisse und klar definierte Aufgaben im Berufsfeld. Konflikte in der Familie sollten vermieden werden. Die Psychotherapien bieten eine weitere Begleitung auf dem Lebensweg (ebd.).

7.8.1 Psychotherapien für Schizophrenie

Aus psychoanalytischer Sicht, wurzeln viele psychische Probleme in der Kindheit. Dabei geht es um die Sichtbarmachung der Persönlichkeitsstrukturen durch Aufarbeitung ungelöster traumatischer Erlebnisse in der Kindheit, welche im Unbewussten verankert sind. Wie schon Bondy betont, ist hier eine freie Assoziation und Traumdeutung für die Therapie von Bedeutung. Verdrängte Traumata und Konflikte werden ins Bewusstsein gebracht, um eine angemessene seelische Verarbeitung zu ermöglichen. Der positive Wille des Patienten ist hier von großer Bedeutung.

Ich glaube, hier wäre es wichtig dem Patienten zu erklären, dass Abwehr und Widerstand in der Therapie nicht zielführend sind. Nach Freud stehen schizophrene Patienten der Psychoanalyse nicht offen gegenüber, dies erschwert die Kontaktaufnahme. Der Patient ist reizüberflutet und die Befragung nach frühkindlichen Erfahrungen bringt noch mehr Verwirrung (Andrawis A, 2013).

7.8.2 Verhaltenstherapeutische Ansätze

Zu weiteren psychotherapeutischen Maßnahmen zählen, wie schon Möller beschreibt, Andrawis 2013), die Verhaltenstherapien auf kognitiver Ebene, sowie Verbesserung der sozialen Kompetenzen und Familientherapien. Im Zentrum steht die spportive Behandlung, die Mut und Hoffnung weckt. Informationen über die Krankheit und Behandlungsmöglichkeiten sind zu beachten, sowie der Einflussfaktor von sozialen Konflikten und Stress. Wichtig ist die Behandlungsmotivation (Psychoedukation). Ebenso müssen alle Probleme des täglichen Lebens erörtert werden, insbesondere alle Arten von Stress, wie auch Unterstimulation.

Übungsprogramm zur Förderung kognitiver und sozialer Bewältigungsstrategien:

Drei Übungsabschnitte, wie schon von Möller erwähnt, zur kognitiven Differenzierung:

Aufmerksamkeit Fokussierung zur Verbesserung der Informationsverarbeitung und Informationsaufnahme. Förderung der Begriffsbildung und des logischen Denkens.

Soziale Wahrnehmung: Um Belastungen zu bewältigen wird kognitive Planung und Selbstorganisation gefördert.

Belastungstraining: Hier werden instrumentelle Verhaltensweisen zur Bewältigung von belastenden Situationen geübt.

Aktive Entspannung als Zusatztechnik: Hier geht es um das Gleichgewicht von Harmonie und Disharmonie zur Entspannung (ebd.).

Zur Akutzusatzbehandlung:

Die Errichtung von Wohnheimen, Wohngruppen und „beschützenden Werkstätten“ trägt, wie schon Bondy erwähnt, in den letzten Jahren zur besseren Rückführung der Erkrankten in den Alltag bei. Die Bevölkerung steht solchen Maßnahmen oft ablehnend gegenüber. Besser wäre es jedoch, Verständnis für psychisch Kranke zu entwickeln und ihnen gegenüber Solidarität zu zeigen. Ziel ist die Toleranz und positive Entwicklung zwischenmenschlicher Beziehungen für eine verständnisvolle, menschliche und positive Psychiatrie. Dies hätte wiederum positive Auswirkungen auf den Patienten (Andrawis A, 2018).